500 Gründe, warum Content Marketing tot ist!

veröffentlicht am 31. März 2014, in Web 2.0 Werbung, von JMG

Warum ich glaube, dass Content Marketing tot ist (Foto: SumAll)

Der aktuelle Hype um Content Marketing ist ja kaum noch zu übersehen. Ob bei Twitter, bei Blogs, in den Fachmedien und selbst im Fernsehen oder im Kino (Google Stories) kommt man nicht daran vorbei. Und um etwas mehr Aufmerksamkeit für meinen Beitrag zu bekommen, habe ich den Titel bewusst provokant gewählt. Denn ich finde, dass das Thema Content Marketing aktuell etwas übertrieben wird und kann es bald nicht mehr hören. Im Folgenden will ich euch einen kleinen Überblick zur trüben Content-Suppe geben und werde dann 3 mögliche Zukunftsszenarien beschreiben.

Das Positive an Content Marketing und dem Hype darum ist, dass es den Nutzer in den Mittelpunkt setzt und nicht das Produkt (via Eminent Marketing):

Over the past 60 years, marketing has moved from being product-centric (Marketing 1.0) to being consumer-centric (Marketing 2.0). Today we see marketing as transforming once again in response to the new dynamics in the environment. We see companies expanding their focus from products to consumers to humankind issues. Marketing 3.0 is the stage when companies shift from consumer-centricity to human-centricity and where profitability is balanced with corporate responsibility. – Phillip Kotler

Aber was ist Content Marketing eigentlich?
Im Prinzip geht es bei Content Marketing darum, dass die Werbebotschaft nicht zum Konsumenten kommt, sondern dass der Konsument über emotionale Geschichten (Storytelling) zum Produkt oder zur Marke angelockt geführt wird und diese selbst weiter verbreitetet. Mittlerweile wird das auch mit dem neusten Buzzword „Inbound Marketing“ bezeichnet. Bestes Beispiel für Content Marketing ist das Unternehmen Red Bull, das mit einem eigenen Fernsehsender (Servus TV), einem Hochglanzmagazin (Red Bulletin) und nicht zuletzt dem Stratosphärensprung interessante Inhalte produziert. Eine etwas andere Definition liefert das Content Marketing Institute:

Im Prinzip ist Content-Marketing die Kommunikation mit Kunden und Interessenten ohne dabei zu verkaufen.

Ich würde das unterschreiben, wenn der letzte Teil „ohne dabei DIREKT zu verkaufen“ lauten würde. Dann trifft es absolut den Kern der Sache, denn der Verkauf ist immer das Ziel einer Marketingaktion.

Hier findet ihr ein paar Beispiele für gelungenes Content Marketing:

Diese Blogbeiträge an sich sind ja auch gute Beispeile…

Entwicklung des Content Marketing Hypes
Werfen wir einen kurzen Blick in die Vergangenheit: Schaut man sich das Suchvolumen bei Google zu „Content Marketing“ in den vergangenen Jahren an, so erkennt man den typischen Verlauf eines Hypes. Am Anfang steigen die Suchanfragen nur sehr langsam, gegen Ende des Hypes steigen diese dann aber rasant an und die Kurve zeigt den typischen exponentiellen Verlauf.

Weltweites Suchvolumen bei Google zu „Content Marketing“:

Hinweis: Wer hier keine eingebette Grafik sieht, sollte entweder seinen AdBlocker richtig einstellen oder deaktivieren oder bei Google direkt nachschauen.

„Content Marketing“ im Vergleich zu „Social Media Marketing“:
Im Vergleich mit dem anderen großen Hype der vergangenen Jahre, „Social Media Marketing“, sieht man, dass „Content Marketing“ etwas später aufgekommen ist und nun ein ähnliches Niveau erreicht hat, wobei „Social Media Marketing“ schon fast etwas aus der Mode gekommen ist und die Anzahl der Anfragen sinken. Inhaltlich decken sich beide Thematiken aber auch, da man Content benötigt, um erfolgreich auf den Sozialen Netzwerken zu sein, so dass hier sicherlich auch ein gewisser Verdrängungseffekt vorliegt.


Doch wie bei jedem Hype kommt es irgendwann zu Crash, die zahlreichen Börsenabstürze der letzten 100 Jahre sind der beste Beweis dafür…

Was kommt nach Content Marketing?
Ich stelle mir so langsam die Frage, wie die Welt aussieht, wenn alle Unternehmen uns mit Geschichten voller Emotionen zuschütten, egal ob in Form von Bildern und Texten oder Videos. Werden dann die damit kommunizierten Botschaften tatsächlich noch wahrgenommen?

Emotionale Werbeflut bis zum Umfallen
Im Grunde ist es wie zu Beginn von Print-, Plakat-, Radio- oder Fernseh-Werbung: Solange nur wenige Unternehmen diese nutzen, kann die Werbung ihre volle Wirkung entfalten. Doch wenn zu viele Köche mitmischen, will jeder seinen Senf dazugeben und den Konsumenten schmeckt der Eintopf nicht mehr – sie sind schlichtweg mit der Aufnahme der Informationen überfordert. Genau zu diesem Schluss ist auch Mark Schaefer gekommen und nannte es „content shock“. Andererseits müsste dieser eigentlich schon vor 100 Jahren eingesetzt haben und es dürften keine neuen Bücher geschrieben, keine Filme mehr gedreht werden etc.

3 Zukunfts-Szenarien:

1. Die klassischen Werbung wird zu 100% durch Content Marketing ersetzt.

Eine schöne neue Welt, in der nur noch unterschwellige Botschaften enthalten sind und keine direkten Kauf-Aufforderungen auf Anzeigen jeglicher Art platziert werden. Stellt euch außerdem vor, dass Video-Werbung, welche ehemals als Fernsehwerbung bezeichnet wurde, jetzt aber im TV und im Web gleichermaßen läuft, nur noch aus herzerweichenden Geschichten bestünde, wie sie uns Google mit seinen Search Stories präsentiert. Stellt euch vor, alle Plakate in der Stadt zeigen Menschen, deren Bedürfnisse und mit wessen Hilfe sie diese erfüllen konnten, ohne dabei direkt zu sagen „Kauf mich“.

Eigentlich sollte das doch der Traum aller kreativen Agenturen sein, oder?

Nach „Banner Blindness“ kommt „Content Blindness“
Ich behaupte aber, dass es nach einer gewissen Zeit auch hier zu einer Abstumpfung der Konsumenten kommen wird und diese eine gewisse „Content Blindness“ entwickeln werden (oder „Emotional Blindness“). Die Menschen wollen dann wieder harte Fakten lesen und die Unternehmen, die das zuerst erkennen, werden wieder einen Wettbewerbsvorteil haben. Je nach dem, welche Art der Werbung gerade am meisten auffällt, gewinnt eben. So könnte es alle 10 oder 20 Jahre eine neue Welle geben, bei der Content Marketing oben schwimmt und dann wieder die „klassische Werbung“.

2. 50/50-Aufteilung zwischen klassischer Werbung und Content Marketing.

Content Marketing oder Storytelling wird in den nächsten Jahren definitiv noch wachsen, danach aber sicherlich wieder etwas zurückgehen. Mit etwas Glück leben wir dann in einer Welt, in der sich klassische Werbung und Content Marketing in etwa die Waage halten, so dass es durchaus wieder Spaß machen könnte, werbefinanziertes Fernsehen zu schauen oder den AdBlocker auszuschalten. Für mich wäre das so etwas wie der Ideal-Zustand, denn ich glaube nicht, dass man in einer Welt leben will, in der es nur Storytelling-Werbung gibt. Ich meine, man benötigt einfach auch Werbung, die zum direkten Kauf animiert. Dann wird es auf die richtige Balance zwischen kurzfristiger und langfristiger Werbung ankommen:

  • kurzfristige Werbung = klassische „Kauf mich“ Werbung
  • langfristige Werbung = Content Marketing

Ich unterscheide hierbei nicht nach den Kanälen wie Print, Radio, TV oder Online, sondern rein nach den Inhalten, die in den Werbekampagne eingesetzt werden. „Klassische Werbung“ ist dabei eben jene Werbung, die direkt den Konsumenten anspricht und ihn zu einer Handlung auffordert. Und im Gegensatz dazu eben die Werbung, die nach dem heutigen Verständnis noch gar nicht richtig als „Werbung“ erkannt wird. Das ist nun meine persönliche Definition bzw. Abgrenzung dieser Begriffe.

3. Storytelling verschwindet wieder in der Nische.

Die wohl wahrscheinlichste Variante ist, dass Content Marketing von einigen wenigen Agenturen und Unternehmen langfristig betrieben wird, aber die Großzahl der Unternehmen weiterhin das klassische Modell der Werbung betreiben wird und weiter langweilige und Werbespots für Waschpulver drehen wird, wie sie es schon seit 50 oder 60 Jahren machen („Das neue XYZ Ultra Perl mit der besten Waschleistung seitdem es Waschpulver gibt“).

Strukturelles Problem der Unternehmen
Das Hauptproblem sehe ich hierbei in den allgemeinen Strukturen der Unternehmen: Viele Stakeholder wie Aktieninhaber und damit auch Fondsgesellschaften fordern Jahr für Jahr mehr Gewinne und Wachstum. Um dieses zu erreichen wird oftmals nur kurzfristig gedacht und agiert, nach dem Motto „nach mir die Sinnflut“.
Man kennt das auch aus anderen Bereichen wie dem Fußball, wo ein Trainer bis zum Ende der Saison den Klassenerhalt schaffen muss, egal wie. Da werden dann in der Winterpause Spieler eingekauft, die zwar kurzfristig helfen, aber für eine langfristige Entwicklung schon zu alt sind oder einfach nicht passen. Das sind dann meist auch die Vereine, die genau diese Spieler und Trainer wenig später wieder rausschmeßien oder verkaufen.
Und in der Wirtschaft muss der Manager jedes Jahr sein Umsatzziel erreichen, um einen Bonus zu erhalten. Da dieser aber nicht plant, bis an sein Lebensende bei seinem aktuellen Unternehmen zu bleiben, interessiert es ihn nicht, was in 5 oder 10 Jahren ist. Warum sollte er also jetzt mit seinem Budget Inhalte erschaffen (lassen), die sich eventuell erst nach seiner Zeit in konkreten Umsätzen auszahlen? Im Gegensatz zu großen Konzernen wird es daher kleineren oder neueren Unternehmen wie Startups leichter fallen, Content Marketing erfolgreich einzusetzen.

Meine Meinung zum Hype von Content Marketing (tl;dr):
Ich finde Content Marketing eine gute Sache, aber man sollte es gezielt und in einem gesunden Maße einsetzen.

So, das waren meine 5 Cent zu diesem Thema…

Wie seht ihr die Zukunft des Content Marketings?

Bildquelle: SumAll unter CC BY-NC-ND 2.0

Wird Paid Content überschätzt? (Foto: W&V)

Wird Paid Content überschätzt? (Foto: W&V)

Was man nicht alles in Online-Medien liest… Diesmal ist es ein Kurz-Interview der W&V mit Dimitrios Argirakos, dem Vorstandsvorsitzenden des Düsseldorfer Instituts für Außen- und Sicherheitspolitik. In dem Interview geht es um Medien, Internet und die allgemeine digitale Zukunft.

Die wichtigsten Aussagen des Herrn Argirakos sind diese hier:

Die „Digitalen Distribution“, genauer gesagt „die exklusive Hoheit über die Kundenbeziehung“, ist der Wertschöpfungsbereich mit dem größten Potential.

Flankiert wird diese erste wunderschöne Aussage im feinsten Marketing-/Beraterdeutsch mit schönen Phrasen wie „Getrieben wird der Trend durch die Marktreife digitaler Lesegeräte und die zunehmende Vernetzung der realen mit der digitalen Welt.“

Doch dann der absolute Höhepunkt des Interviews:

„Paid Content wird überschätzt“

Punkt.

Der promovierte Jurist scheint hier eine eindeutige und festgefahrene Meinung zum Thema Paid Content zu haben, die er pauschal vertritt. Quasi alternativlos.

Hat der gute Herr dabei bedacht, dass es tatsächlich verschiedene Arten und verschiedene Inhalte von Paid Content geben kann, die sehr wohl Potential haben?

Hiermit meine ich keine digitalen Güter wie Musik, Filme etc., sondern journalistische Inhalte, die z.B über Apps auf mobile Endgeräte geladen werden können (Tablet PCs, Smartphones, etc.).

Natürlich will kaum jemand für Inhalte bezahlen, die es anders wo umsonst gibt, aber das heißt doch nicht gleich, dass Paid Content nicht funktionieren kann. Das scheint mir etwas zu kurz gedacht…

Oder hat er sich am Ende nur zu pauschal ausgedrückt, ohne dies zu wollen?

Oder wollte er durch diese überspitzte Aussage sogar provozieren und sich damit ins Rampenlicht der Medien rücken (vielleicht war ihm das Interview ja zu wenig ;-))?

Wie es auch gewesen sein mag, ich hoffe, dass sich jeder selbst eine Meinung zur Zukunft der Vermarktung digitaler Güter macht und Aussagen wie die des Herrn Argirakos kritisch hinterfragt!

In der schönen E-Book-Sammlung von Peer Wandinger fand ich u.a. diese Studie der Deutschen Post (hier der direkte Download-Link). Die Untersuchung widmet sich dabei der Frage, wie es Verlagen gelingen kann, die Gratiskultur im Online-Bereich zugunsten von funktionierenden Bezahlinhalten umzugestalten.

Da sich meine Diplomarbeit auch um die Frage der Vermarktung von redaktionellen Inhalten dreht, finde ich diese Studie sehr interessant. Dass sie von der Deutschen Post durchgeführt wurde, verwunderte mich zwar ein wenig, aber nun gut…

Kernthesen der Studie:

  • Die Verbreitung des Internets verändert den Nachrichtenkonsum
  • Die Verlage verlieren gedruckte Auflage und Werbeeinnahmen
  • Onlinepräsenzen erreichen zwar Reichweite, sind aber bisher nicht kostendeckend
  • Undifferenzierte Monetarisierung ist gescheitert – Leser zahlen nur für einzigartige Inhalte
  • Ein differenziertes Vorgehen ist erfolgversprechend*
  • Bisher wurde noch keine Wunderwaffe gegen die Umsatzrückgänge der Verlage gefunden, doch die Suche geht weiter.

*Ein differenziertes Vorgehen ist erfolgversprechend:

Hier soll ein Mehrstufiger Lösungsansatz angewendet werden:

  • Differenzierung und Identifikation einzigartiger Inhalte des Portals/Titels
  • Identifikation der loyalsten Leser von einzigartigen Inhalten
  • Konversion der loyalsten Leser der einzigartigen Inhalte zu zahlenden Kunden
  • Kontinuierliche Optimierung der Zielgruppenansprache sowie Anpassung der Bezahlmodelle

Insgesamt sind das sicherlich nicht die aller neusten Erkenntisse zum Thema Paid Content als Alternative zu Werbung. Doch es verschafft dem einen oder anderen wieder das Bewusstsein, dass es auch andere Erlösquellen außer Werbung gibt und dass man darüber mal nachdenken sollte. Paid Content macht sicherlich nicht für jedes Webportal Sinn, aber bei einigen Webseiten könnte durchaus eine Umsatzsteigerung durch die Vermarktung redaktioneller Inhalte mit einer guten Mischung aus Paid Content und Werbung möglich sein.

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